Donnerstag, 27. Januar 2011

40 Tassen Kaffee

Vor ungefähr 1000 Jahren wurde ein äthiopischer Hirte („Pastor“) mitten in der Nacht von seinen Ziegen geweckt, die sich wie toll gebärdeten. Tagsüber hatten sie rote Beeren von einem Strauch gegessen. Am nächsten Tag probierte er selber die süßen Beeren mit der großen Bohne in der Mitte – und konnte die ganze Nacht über nicht schlafen. So wurde die Kaffeepflanze entdeckt.

Seit fünf Tagen wohnen wir in einer neuen Wohnung, in einem Haus, das "Las Bouganvileas" heißt, nach den Bougainvillen, die hier überall blühen. Endlich genug Platz, große Tische zum Basteln und Essen und einen Innenhof mit einem Brunnen, in dem die Kleinen gerne baden und spielen.
Wir stehen meist gegen halb 7 auf, die Sprachschule beginnt um 8. Inzwischen nehmen wir auch die meisten Mahlzeiten in unserer Wohnung ein, kosten uns durch die Vielfalt tropischer Früchte und Gemüse und trinken viel Kaffee. Für die Kinder pürieren wir frisches, weißes Kokosnussfleisch mit großen Brocken Kakao und Milch. Das bekommen wir alles auf dem Markt, in einem der beiden Supermärkte oder von den Nachbarn geschenkt, wie das Kokosfleisch.

Die Legende vom Hirtenjungen wurde uns gestern auf einer Kaffee-Finca in der Nähe von Antigua erzählt. Es ist gerade Kaffee-Ernte und so hatten wir die Gelegenheit, den ganzen Verarbeitungsprozess von der roten, süßen Kaffeekirsche bis zum fertig gemahlenen Kaffee mitzuerleben.
Der Kaffee, der in Guatemala angebaut wird, wächst im Schatten, heißt Arabica und hat nur eine Ernte im Jahr. Im Gegensatz zum Robusta-Kaffee mit zwei Ernten, der im Flachland in der Sonne gedeiht und meist in Afrika und Asien angebaut wird.

Eine der Informationstafeln in dem kleinen Museum trug die Überschrift: Warum dürfen Kinder Cola trinken aber keinen Kaffee? Auch Mathilda trinkt inzwischen eine Tasse Kaffee am Tag. Etwas beklommen lasen wir die Informationen. Aber die Frage stellte sich als rhetorisch heraus. Wer Kinder Cola trinken lässt, kann sie auch Kaffee trinken lassen.

Die Beeren werden in einem Fermentierungsprozess von dem Fruchtfleisch und der Schale befreit und im Freien auf dem Boden zum Trocknen gelegt und ständig bewegt, dann von einer zweiten Schale befreit, wieder getrocknet und am Ende geröstet. Auf der Finca mischten sich der Duft der Röstmaschinen mit dem Geruch der vergärenden Beeren.

Der guatemaltekische Kaffee soll einer der besten Kaffees der Welt sein. Und der aus der Region um Antigua der beste guatemaltekische.

Ein Kaffeestrauch hat einen Jahresertrag von 6,5 Pfund Beeren. Nach den Verarbeitungsstufen bleiben allerdings nur noch ein 1 Pfund fertiger Kaffee übrig.

Das reicht für 40 Tassen Kaffee. Selbst eine Anfängerin wie Mathilda braucht also 90 Kaffeesträucher im Jahr. In unserer Sprachschule trinken wir vormittags 4 Tassen, nachmittags und abends jeweils nochmal eine. Also 6 Tassen pro Tag. Mit ein Kaffeestrauch würden wir beide also gerade mal 3 Tage auskommen.

Und Du, lieber Leser?