Sonntag, 11. Dezember 2011

Da wird der Elefant in der Schlange verrückt


Ein Monat ist vergangen. Nach Markus' Rückkehr aus Deutschland begann der Endspurt für die Vorbereitung des Weihnachtsbasars der deutschen Gemeinde. Am Tag danach dann gleich die Abfahrt in den Urlaub, zunächst nach Panajachel an den Atitlan-See.
Das besondere an Panajachel ist, dass man sofort alles vergessen muss, was einen beschäftigt, weil das Gehirn die gesamte Kapazität braucht, um eine einzige Information zu verarbeiten: Den Anblick des Sees mit den Vulkanen dahinter. Und dieser Anblick ändert sich ständig: Mal scheint das Ufer ganz nah zu sein, in der klaren Morgenluft mit den schrägen Schatten, die Konturen zum Greifen nah, vormittags ziehen Wolken auf halber Vulkanhöhe auf und lassen sie plötzlich doppelt so mächtig erscheinen. Gegen Mittag wird es etwas diesig, das andere Ufer rückt in unerreichbare Ferne wie ein märchenhaftes Land, der See dazwischen wird riesengroß. Nachmittags dann die wechselnden Farben des Abendlichtes, ein früher Mond, Sterne. Als ich das zum letzten Mal gesehen hatte, war ich gerade 30 Jahre alt geworden.
Sicht über den Atitlan-See von Panajachel aus. Vor über 70 Jahren stand hier auch Antoine de Saint-Exupéry. Der Cerro de Oro ist hinter der Laterne versteckt.

Im Januar waren wir schon einmal am Atitlan-See, allerdings an der anderen Uferseite. Das Gute ist hier zu nah, man kann es nicht sehen. Schön ist es dort trotzdem. Damals (18.1.) berichteten wir über einen Berg, den wir erklommen hatten, den Cerro de Oro, der verblüffende Ähnlichkeit mit einem von einer Schlange verschluckten Elefanten hatte, wie ihn der Erzähler in Saint-Exupéry’s  „Der kleine Prinz“ gezeichnet hatte. Ein hübscher Zufall – ein Schild der Konrad-Adenauer-Stiftung machte darauf aufmerksam.
Aber was sagt Ihr dazu: Der Autor des Kleinen Prinzen, Antoine de Saint-Exupéry, kannte diesen Berg. Er war nicht nur über der Sahara abgestürzt (1935, das gilt als größter Einfluss für die Geschichte), sondern auch einmal in Guatemala, 1938, bei einem Rekordflugversuch von New York nach Feuerland. Er wurde schwer verletzt und erholte sich in Antigua Guatemala. Von dort unternahm er auch Reisen an den Atitlan-See. Und er zeichnete viel in dieser Zeit.
Cerro de Oro im Morgenlicht vor den
Vulkanen Toliman und Atitlan
Bestimmt hat er sich die Geschichte von der Schlange und dem verschlungenen Elefanten beim Anblick dieses Berges ausgedacht. Aber wer weiß das schon? Wenn man bei google "Cerro de Oro" und "The Little Prince" eingibt, kommt man auf drei Einträge. Das wird wahrscheinlich der vierte.

Und überhaupt Antigua…? Hatten wir es nicht in unseren ersten Postkarten so beschrieben: „Antigua ist von drei Vulkanen umgeben, einem aktiven und zwei erloschenen“? Auf seinem Asteroiden, sagt der kleine Prinz, gäbe es „drei Vulkane“, zwei aktive („sehr praktisch zum Eierkochen“) und einen erloschenen. Fünf Jahre bevor er das Buch schrieb, lebte er in Antigua. Und noch etwas – mehr an den Haaren herbeigezogen vielleicht. Erinnert ihr euch an die Geschichte mit den Affenbrotbäumen? Das Schaf (in der Kiste) sollte mit auf den Planeten, um die jungen Affenbrotbaumtriebe  zu fressen, die die größte Bedrohung des Asteroiden darstellten. Affenbrotbäume gehören zu Unterfamilie der Wollbaumgewächse, zu der auch die Ceiba zählt, der guatemaltekische Nationalbaum.
Von der anderen Seite, Aufnahme vom Januar
Das alles diskutierten wir gestern mit Freunden, die auch schon davon gehört hatten, am Kaminfeuer bei einem Schluck alten Ron Zacapa. Sie fanden das leider nicht ganz so aufregend wie ich – oder sie haben einfach nur schon zu oft darüber geredet.
Am 16. November erschien „Der Kleine Prinz“, der in über 240 Sprachen übersetzt ist, auf K’akchiquel, der ersten Maya-Sprache. (Es gibt auch 47 verschiedene koreanische Versionen.) Die meisten K’akchiquel-Sprecher leben - zwischen Antigua und dem Atitlan-See. Vielleicht fängt einer von ihnen mal an, die Wikipedia-Einträge zu ergänzen und ein kleines Büchlein darüber zu schreiben.