Dienstag, 8. Februar 2011

Quiet night of quiet stars

Die Nächte beginnen früh und plötzlich. Kurz nach sechs fängt es zu dunkeln an und um sieben breitet sich schon der Sternenhimmel über uns aus. Obwohl Antigua nur so groß wie Luckenwalde ist (35000 Einwohner), ist die Stadt voller Kultur. Kaum ist es dunkel, beginnt in vier oder fünf Orten Live-Musik: Jazz, kubanischer Son und Nueva Trova, Anden- und Mayamusik, Klassik. Auf Bühnen in Kneipen und Restaurants, für die man keinen Eintritt bezahlt, in einem Kulturzentrum „sitio“ und in dem Nobelrestaurant um die Ecke, dem schon erwähnten „Panza Verde“, in das uns Mathilda gelegentlich gegen eine geringe Gebühr gehen lässt.

Allerdings gibt es noch etwas, was besonders nachts Geräusche macht und sogar Funken sprüht: Der Fuego-Vulkan. Obwohl er ungefähr 20 km entfernt ist, kann man seinen Kegel von vielen Plätzen Antiguas aus sehen. Rolando, der Bruder des Sprachschulkoordinators, bietet gelegentlich nächtliche Touren in die Nähe des Vulkans an. Vor ein paar Tagen hatte er Platz für uns fünf in seinem gemieteten Minibus. In einem 15 Kilometer entfernten Dorf hielten wir am Eingang einer Kaffeefinca, wo wir in einen Pick-Up wechselten, mit dem wir 20 Minuten lang bergauf auf den unbefestigten Wegen vorbei an den frischen, im Scheinwerferlicht leuchtend weiß strahlenden Kaffeeblüten fuhren. Der Platz auf dem Gipfel der Finca, der unser Ziel war, hätte bei etwas mehr Licht einen wunderbaren Ausblick auf die Vulkane geboten, wegen der kompletten Dunkelheit mussten wir uns allerdings zunächst auf den Sternenhimmel beschränken, bis sich die Augen an die Lichtumstände gewöhnt hatten und allmählich die Silhouetten der Vulkane zum Vorschein kamen. Da saßen wir nun und starrten auf einen dunklen Punkt in der Nacht: auf Baumstümpfen mit einem Bananenbrot und einer Packung Nachos. Man sagt, dass es eine Dramaturgie gibt, die in allen Hollywood-Filmen funktioniert. Nach 20 Minuten muss etwas passieren und der Spannungsfaden darf nie für längere Zeit unterbrochen werden. Kurz und gut, der Vulkan hielt sich an die alte Drehbuchregel. Just als das Starren begann langweilig zu werden, erschienen einige kleine rote Lichter auf der Kegelspitze, die wir mit lauten „Ahhs“ begleiteten und dann – ein Ausbruch! Funkensprühen, kleine Lavabäche und eine Sekunde später, ebenso beeindruckend, das Geräusch: wie Kanonenkugeln und Donner.
Zwei, drei dieser Feuerwerke sahen wir in dieser Nacht, dazwischen einige kleinere rote Lichter. Die Wörter „Ausbruch“ und „Vulkan“ aber lebten im Vokabular unserer Kinder noch ein paar Tage fort, obwohl sie nach dem ersten Ausbruch auf die Ladefläche des Pick-Ups kletterten, ihre Nachtruhe begannen und erst am nächsten Morgen wieder aufwachten. Ophelia sagte einmal im Schlaf: „Ich will meinen Vulkan“.